Bauträger – der Kampf gegen Windmühlen!

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte mit seinem Urteil vom 23. Februar 2017 (siehe Umsatzsteuer-Aktuell 05/2017) die Unklarheiten bei der „Rückabwicklung“ von Umsatzsteuerbeträgen nach dem Reverse Charge unseres Erachtens praktikabel gelöst. Das Finanzgericht Düsseldorf hat diese Rechtsprechung bestätigt und den Anwendungsbereich auf andere Unternehmen ausgeweitet. Die Finanzverwaltung hingegen sträubt sich weiterhin gegen die Richtigstellung einer von ihr selbst verursachten fehlerhaften umsatzsteuerlichen Behandlung von Bauleistungen.

1. Das Hin und Her des BFH

Der BFH hat mit Urteil vom 22. August 2013 entschieden, dass Bauträger keine Bauleistungen erbringen und damit nicht Steuerschuldner für die an sie erbrachten Leistungen werden. Daraufhin haben die Bauträger Erstattungsanträge an ihre Finanzämter gerichtet. Der Beschluss vom 27. Januar 2016 – V B 87/15 – hat für Irritationen gesorgt, weil der BFH die Möglichkeit in Betracht gezogen hat, dass eine Erstattung der Umsatzsteuer an die Bauträger erst möglich sei, wenn diese die entsprechende Umsatzsteuer an die Leistenden gezahlt haben. Im Ergebnis wären die Anträge der Bauträger ins Leere gegangen, da weder Umsatzsteuer noch Zinsen erstattet worden wären. 

In seinem Urteil vom 23. Februar 2017 – V R 16, 24/16 – hat der BFH mit diesen Irritationen aufgeräumt und die Abwicklung der durch die Bauträger ausgelösten Korrekturen bei den Leistenden systematisch dargestellt. Eine Zusammenfassung finden Sie in Umsatzsteuer-Aktuell 05/2017.

 

2. Bestätigung und Erweiterung durch das FG Düsseldorf

Das Finanzgericht Düsseldorf hatte über einen Sachverhalt zu entscheiden, bei dem ein Malermeister neben seiner eigentlichen Tätigkeit auch Eigentumswohnungen vermietet hat. Diese Eigentumswohnungen ließ er renovieren und erhielt dafür von den Handwerkern Rechnungen ohne Ausweis von Umsatzsteuer mit dem Hinweis auf die umgekehrte Steuerschuldnerschaft – Reverse Charge. Ausschlaggebend dafür war, dass er als Malermeister üblicherweise selbst auch Bauleistungen erbrachte und somit grundsätzlich die umgekehrte Steuerschuldnerschaft für seine Eingangsleistungen zur Anwendung kam. Der Malermeister hat die Umsatzsteuer für die Eingangsleistungen an das Finanzamt abgeführt und später gegen die entsprechenden Festsetzungen Einspruch eingelegt und die Erstattung der zu Unrecht abgeführten Beträge beantragt. 

Basierend auf der damaligen Fassung des § 13b Abs. 5 Umsatzsteuergesetz (UStG) hat das Finanzgericht Düsseldorf mit seiner Entscheidung vom 28. April 2017 – 1 K 2634/15 U – dem Erstattungsantrag des Malermeisters entsprochen. Für den Unternehmensbereich „Vermietung“ ist die Steuerschuldnerschaft nämlich nicht auf ihn übergegangen. Mithin hat er zu Unrecht die Umsatzsteuer abgeführt und Anspruch auf Änderung der Umsatzsteuerbescheide der entsprechenden Jahre. Auch darf der Erstattungsanspruch nicht davon abhängig gemacht werden, ob er die Umsatzsteuer an die Leistenden gezahlt hat oder eine Abtretungsvereinbarung zwischen Leistenden und Finanzamt getroffen wurde.

Mithin hat der Malermeister zumindest einen Anspruch auf die entstandenen Zinsen. Soweit keine Abtretung vom Leistenden an die Finanzverwaltung erfolgt, sogar auf die Umsatzsteuer.

 

3. Schreiben des BMF vom 26. Juli 2017

Die Finanzverwaltung windet sich seit 2014 darum, die zu Unrecht erhobene Umsatzsteuer an die Unternehmen auszuzahlen. Obwohl unseres Erachtens der BFH und auch nachfolgend das Finanzgericht Düsseldorf verdeutlich haben, dass die rechtliche Situation keine andere Möglichkeit zulässt, soll nach Auffassung der Finanzverwaltung (BMF Schreiben vom 26. Juli 2017) nur unter folgenden Voraussetzungen eine Erstattung oder besser Anrechnung erfolgen: 

  • Der Leistungsempfänger (Bauträger) zahlt die Umsatzsteuer an den Leistenden, oder 
  • die Finanzverwaltung kann mit einem Abtretungsanspruch des Leistenden aufrechnen. 

Der fiskalische Schutzgedanke dieser Regelung ist ersichtlich, will doch das Finanzamt Umsatzsteuer auf der einen Seite nur dann gutschreiben, wenn sie diese auf der anderen Seite nacherheben kann. Darüber hinaus soll aber die Aufrechnung im Zeitpunkt der Aufrechnungslage erfolgen, d. h. nicht in den alten Veranlagungsjahren. Mithin ergäbe sich auch kein Zinsanspruch für die Bauträger. 

 

4. Praktische Erfahrungen und Empfehlung

Die Finanzämter legen das BMF-Schreiben dahingehend aus, dass die Aufrechnung in der aktuellen Umsatzsteuer-Voranmeldung ohne Zinsanspruch vorgenommen wird. Die Änderungsanträge für die Altjahre werden abgelehnt. Soweit die Aufrechnung nicht erklärt werden kann, besteht nach Auffassung der Finanzämter kein Erstattungsanspruch der Bauträger. 

Wir halten diese Auffassung für falsch und raten dringend an, gegen die Ablehnung der Änderungsbescheide Einspruch einzulegen. Des Weiteren sollte ein Abrechnungsbescheid beantragt werden und auch hiergegen Einspruch eingelegt werden. 

Nach unserem Verständnis hat der BFH entschieden, dass die in der Vergangenheit als Steuerschuldner betrachteten Leistungsempfänger (z. B. Bauträger) einen Anspruch auf die zu Unrecht abgeführte Umsatzsteuer haben. Soweit die Finanzverwaltung dagegen aufrechnen kann, besteht zumindest ein Anspruch auf Steuerzinsen nach § 233a Abgabenordnung. Diese Beträge können ebenfalls erheblich sein (6 % p. a.). 

Wir unterstützen Sie gern bei der Geltendmachung Ihrer zu Recht bestehenden Ansprüche.

Ihr Team der
umsatz | steuer | beratung

Norderstedt, September 2017

Dieser Beitrag ersetzt keine steuerliche Beratung und soll nur allgemein über steuerliche Themen informieren. Wir übernehmen daher keine Gewähr und somit keine Haftung für die Vollständigkeit und Aktualität sowie Richtigkeit der Inhalte.

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