Regeln für die Vorsteueraufteilung

Die unterschiedlichen Bestimmungen zur Vorsteueraufteilung im Unionsrecht und im deutschen Umsatzsteuergesetz führten in den vergangenen Jahren zu widersprüchlicher Rechtsprechung und zu Unsicherheiten, insbesondere bei Gebäuden. Die jüngsten Urteile des Bundesfinanzhofs bestätigen die Entwicklung und konkretisieren die Maßstäbe zur Vorsteueraufteilung.

1. Einführung

Unternehmen dürfen Umsatzsteuerbeträge für bezogene Leistungen als Vorsteuer abziehen, soweit mit den Eingangsleistungen Umsätze erzielt werden, die den Abzug nicht ausschließen. Vorsteuerschädliche Umsätze sind zum Beispiel Finanz- und Versicherungsumsätze sowie steuerfreie Vermietungsumsätze bei Immobilien.

Grundsätzlich ist für jede einzelne Eingangsleistung zu prüfen, ob sie für vorsteuerschädliche oder für vorsteuerunschädliche Umsätze verwendet wird (direkte Zuordnung). Die verbleibenden – nicht zuordenbaren – Kosten müssen nach einem Schlüssel verteilt werden. Hierbei sieht das Unionsrecht für gemischt genutzte Gegenstände in der Regel eine Vorsteueraufteilung nach dem Umsatzschlüssel vor. Im deutschen Umsatzsteuerrecht stellt der Schlüssel nach den Ausgangumsätzen hingegen einen Auffangtatbestand dar, der erst greift, wenn andere Schlüssel (z.B. nach der Fläche) nicht anwendbar sind.

Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Vorsteueraufteilung für Gebäude konkretisiert. Diese Grundsätze sind unseres Erachtens aber auch auf andere Eingangsleistungen anzuwenden.

 

2. Vorsteueraufteilung für Gebäude

Keine direkte Zuordnung bei Anschaffungs- und Herstellungskosten

Bis zum Jahr 2006 wurden bei der Anschaffung oder Herstellung eines Gebäudes in einem ersten Schritt die Gewerke direkt zugeordnet. Mithin konnten zum Beispiel die Kosten für Fenster in steuerpflichtig vermieteten Räumen vollständig abgezogen werden. Hiervon ist der BFH mit seinem Urteil vom 28. September 2006 – V R 43/03 abgewichen. Bei der Anschaffung oder Herstellung eines gemischt genutzten Gebäudes ist seitdem eine direkte Zuordnung nicht mehr vorgesehen. Erhaltungsmaßnahmen hingegen können weiterhin direkt den einzelnen Gebäudeteilen zugeordnet werden.

Der BFH hat diese Auffassung im aktuellen Urteil vom 10. August 2016 – XI R 31/09 bestätigt. Diese Grundsätze werden auch von der Finanzverwaltung umgesetzt (Abschnitt 15.17 Abs. 5, 7 und 8 Umsatzsteuer-Anwendungserlass). Die Abgrenzung zwischen Anschaffungs- und Herstellungskosten auf der einen und Erhaltungsaufwendungen auf der anderen Seite soll nach den für das Einkommensteuerrecht geltenden Grundsätzen erfolgen.

Flächen- vor Umsatzschlüssel

Die Ermittlung des Vorsteuerschlüssels bei gemischt genutzten Gebäuden ist nach dem Verhältnis der genutzten Flächen zu ermitteln (Flächenschlüssel). Davon darf nur abgewichen werden, wenn eine andere Aufteilung präziser ist. Hiervon ist immer dann auszugehen, wenn die Flächen nicht vergleichbar sind, z.B. wenn die Ausstattung der Räumlichkeiten (zum Beispiel wegen der Höhe der Räume, der Dicke der Wände und Decken oder in Bezug auf die Innenausstattung) erhebliche Unterschiede aufweist. In diesem Fall kommt der Umsatzschlüssel in Betracht. Soweit das Objekt vermietet wird, wäre dabei der objektbezogene Umsatzschlüssel anzuwenden, wohingegen bei Eigennutzung (zum Beispiel als Verwaltungsgebäude) auf die Gesamtumsätze des Unternehmens abzustellen wäre.

 

3. Ausweitung der Gebäude-Rechtsprechung

Im Urteil vom 16. November 2016 – V R 1/15 betreffend den Vorsteuerabzug aus der Herstellung bzw. Unterhaltung eines Bockheizkraftwerkes hat der BFH entschieden, dass ein vom Umsatzschlüssel abweichender Aufteilungsmaßstab nur dann Anwendung finden kann, wenn die Leistungen vergleichbar sind. Das Finanzamt wollte den Vorsteuerabzug nach der Leistungsabgabe (Wärme und Strom) durch Ermittlung eines Wirkungsgrades ermitteln, wobei die aus dem Stromverkauf resultierenden Umsätze zum Vorsteuerabzug berechtigen, die im angeschlossenen Gartenbaubetrieb verbrauchten Wärmemengen jedoch nicht. Der BFH ist diesem Ansatz nicht gefolgt, sondern hat auf das Verhältnis der Umsätze unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Marktpreise für beide Produkte abgestellt. Weil Wärme am Markt geringer vergütet wird als Strom, ergab sich auf Basis des Umsatzschlüssels ein höherer Vorsteuerabzug als nach dem Wirkungsgrad.

 

4. Zusammenfassung

Die Reihenfolge für die Aufteilung von Vorsteuerbeträgen aus Eingangsleistungen für gemischte Verwendungen (ausschluss- und vorsteuerabzugsberechtigende Umsätze) lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:

  • Objektbezogener Schlüssel nach sachgerechter wirtschaftlicher Zuordnung, wenn dieser präziser ist als der Umsatzschlüssel, z.B. Flächenschlüssel
  • Objektbezogener Umsatzschlüssel
  • Gesamtunternehmensbezogener Umsatzschlüssel

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Ihr Team der
umsatz | steuer | beratung

März 2017

Dieser Beitrag ersetzt keine steuerliche Beratung und soll nur allgemein über steuerliche Themen informieren. Wir übernehmen daher keine Gewähr und somit keine Haftung für die Vollständigkeit und Aktualität sowie Richtigkeit der Inhalte und Darstellungen.

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