Erweiterte Intrastat-Meldepflichten 2022

Die Innergemeinschaftliche Handelsstatistik (Intrastat) bildet die Datenquelle über die Handelsströme zwischen den EU-Mit­gliedsstaaten. U. a. werden anhand dieser Daten handels- und land­wirtschafts­politische sowie wett­bewerb­srechtliche Be­stim­mun­gen in der Euro­päischen Union (EU) getroffen oder geändert. Die Erfassung des tatsäch­lichen Warenverkehrs ist dabei Aufgabe der einzelnen Mitgliedstaaten. Unternehmer sind verpflichtet, über die sog. Intrastat-Mel­dungen ihre Versendungen und Eingänge von Gemeinschafts­waren zwischen den Mit­gliedstaaten der EU anzugeben. In Deut­schland erfolgt dies über elektronische Meldungen zentral beim Statistischen Bun­desamt jeweils bis zum 10. Arbeitstag nach Ablauf eines Monats. Zum 1. Januar 2022 wird der Umfang der zu meldenden Daten erweitert. Nachfolgend stellen wir die wesentlichen Änderungen kurz vor.

1. Hintergrund

Zum 1. Januar 2022 ersetzen die Verordnung (EU) 2019/21521 über europäische Unternehmensstatistiken sowie die Durchführungsverordnung (EU) 2020/1197 die bisherigen Rechtsgrundlagen für die statistische Erhebung der Warenströme. Ab diesem Zeitpunkt müssen die Intrastat-Meldungen zusätzliche Daten enthalten. Des Weiteren wird die Liste mit der Art des Geschäfts (AdG) neu gefasst.

 

2. Ursprungsland

Die Angabe des Ursprungslands ist für Wareneingänge aus EU-Staaten bereits ein verpflichtendes Merkmal der Intrahandelsstatistik. Zukünftig wird die Angabe des Ursprungslandes auch auf der Versendungsseite ein verpflichtendes Merkmal. Das Ursprungsland einer Ware ist das Land, in dem diese hergestellt wurde oder ihre letzte wesentliche Bearbeitung erfahren hat. Die Angabe auf der Versendungsseite erfolgt entsprechend wie auf der Eingangsseite über den sog. ISO-Alpha Code (vgl. Durchführungsverordnung (EU) 2020/1470).

 

3. Umsatzsteuer-ID-Nummer

Anzugeben ist die die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmens, welches im Bestimmungsland den Erwerb der Ware umsatzsteuerlich zu erklären hat. Hintergrund ist der Austausch der Versendungsdaten zwischen den Mitgliedstaaten. Über die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer können Mitgliedstaaten die Daten den erwerbenden Unternehmen zuordnen.

Sollte im Fall eines Dreiecksgeschäfts der Endkunde im Bestimmungsland unbekannt sein, so ist ersatzweise als Umsatzsteuer-Identifikationsnummer das Länderkürzel des Rechnungsempfängers mit auffüllender Ziffer „9“ anzugeben (z.B. BE9999999999). Bei Privatpersonen ist die fiktive Nummer „QN999999999999“ zu verwenden. Für den Fall, dass die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Warenempfängers zum Zeitpunkt der Abgabe der Intrastat-Meldung unbekannt ist, ist die fiktive Nummer „QV999999999999“ anzugeben.

 

4. Liste mit der Art des Geschäfts

Die Liste mit der Art des Geschäfts erfährt umfassende Änderungen. Die folgenden Neugliederungen sind aus umsatzsteuerlicher Sicht von besonderer Relevanz:

  • Vor dem Hintergrund des besonderen Besteuerungsverfahrens für Fernverkäufe an Nichtunternehmer (One-Shop-Stop) entfallen die bisherigen Intrastat-Meldungen im Empfängerland. In der Liste Art des Geschäfts ist daher zukünftig zwischen Warensendungen an Unternehmer (B2B) = AdG „11“ und Privatpersonen (B2C) = AdG „12“ zu unterscheiden.
  • Die AdG “71” erhält einen neuen Inhalt. Sie erfasst ab dem 1. Januar 2022 den Verkehr mit Waren, die in Deutschland im Zollverfahren 42 oder 63 zum zollrechtlich freien Verkehr überlassen und anschließend in andere Mitgliedstaaten geliefert werden.

 

5. Bewertung und Handlungsbedarf

Die neuen Anforderungen verursachen einen nicht zu unterschätzenden Umstellungsaufwand bei meldepflichtigen Unternehmern. Die Schwellenwerte für die Meldepflicht liegen weiterhin bei 800.000 Euro (Wareneingang) und 500.000 Euro (Warenausgang).

Bis zur Abgabe der ersten Meldung mit erweiterten Meldepflichten Mitte Februar 2022 (für Januar 2022) verbleibt noch ein halbes Jahr. Das bisherige Zusammenfassen von Waren der gleichen Warennummer mit demselben Bestimmungsland entfällt, wenn Ursprungsland und / oder Empfänger dabei nicht identisch sind. Entsprechende Anpassungen in der Buchführungssoftware sind vorzunehmen.

In den bisherigen Melde-Formularen sind Felder für die Angabe des Ursprungslandes und der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bereits vorhanden. Die Angabe ist bisher aber noch freiwillig. Zu überlegen ist, die entsprechenden Felder bereits jetzt „testweise“ zu befüllen, um für 2022 sicher aufgestellt zu sein.

Auch wenn die erweiterten Meldeverpflichtungen aktuell einen Mehraufwand darstellen, können meldepflichtige Unternehmer perspektivisch mit einer Erleichterung rechnen: Da der Warenempfänger über seine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer identifizierbar ist, sollen zukünftig die Wareneingangsmeldungen entfallen. Ab wann das der Fall sein wird, steht allerdings noch nicht fest. Dies dürfte vor allem davon abhängen, dass die Warenausgangsmeldungen im B2B-Geschäft tatsächlich die zutreffenden Umsatzsteuer-Identifikationsnummern der Warenempfänger enthalten. Erfolgt aus Sicht des Gesetzgebers die Verwendung der fiktiven Umsatzsteuer-Identifikationsnummer noch zu häufig, wird er an der Verpflichtung zur Wareneingangsmeldung voraussichtlich länger festhalten.

 

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Norderstedt, September 2021

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