Gesetzgebungsverfahren im Jahresendspurt
Wie nahezu in jedem Jahr bringt der Gesetzgeber auch kurz vor dem Jahreswechsel 2023 / 2024 steuerliche Neuregelungen auf den Weg. Das Wachstumschancengesetz wird wegen Verzögerungen im Gesetzgebungsprozess zwar erst im Jahr 2024 final verabschiedet werden können, wir berichten jedoch bereits vorab, da die umsatzsteuerlichen Veränderungen nicht in Frage stehen.
1. Obligatorische E-Rechnung kommt
Trotz nicht unerheblicher Kritik aus der Wirtschaft wird die Abrechnung mittels eRechnung mit dem Ziel der Digitalisierung und verbesserten Betrugsbekämpfung als Vorbereitung für ein digitales Meldeverfahren („real time reporting“) zügig umgesetzt. Zunächst gilt hierbei ein doppelter Inlandsbezug – betroffen sind im Inland steuerpflichtige Umsätze zwischen im Inland ansässigen Unternehmen. Unternehmen sollen bereits am 1. Januar 2025 empfangsbereit sein, für den Versand von eRechnungen gilt eine Übergangsfrist bis Ende 2026, für kleinere Unternehmen (mit einem Vorjahresumsatz von bis zu 800.000 Euro bis Ende 2027). Glücklicherweise hat das Bundesfinanzministerium bereits bekannt gegeben, dass neben der eRechnung im eigentlichen Sinne weitere digitale Formate (u.a. EDI-Rechnungen) weiterhin zulässig sein sollen.
Sobald im nächsten Jahr weitere technische Details zur Nutzung der eRechnung bekannt werden, werden wir ausführlicher berichten.
Zu beachten ist, dass die entsprechenden Pläne, auf EU-Ebene für grenzüberschreitende Umsätze die eRechnung vorzuschreiben, aufgeschoben wurden. Mit dem Inkrafttreten einer Richtlinienänderung ist dem Vernehmen nach nicht vor 2030 zu rechnen.
2. Istversteuerung
Unternehmen mit einem Vorjahresumsatz von nicht mehr als 600.000 Euro können die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten berechnen (§ 20 Umsatzsteuergesetz). Diese Schwelle wird auf 800.000 Euro angehoben.
3. Geschenke und Zuwendungen
Die einkommensteuerliche Freigrenze für Geschenke an Geschäftspartner wird von 35 auf 50 Euro angehoben. Bewegt sich die Zuwendung in diesem Rahmen, ist auch ein Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Geschenks möglich.
In Bezug auf Zuwendungen im Rahmen von Betriebsveranstaltungen steigt der einkommensteuerliche Freibetrag von 110 auf 150 Euro. Weil der Umsatzsteuer-Anwendungserlass auf die lohnsteuerrechtlichen Vorschriften verweist, ist von einer Anhebung der umsatzsteuerlichen Freigrenze auszugehen, hierzu wird sich die Finanzverwaltung hoffentlich zeitnah klarstellend zu Wort melden.
4. Verwaltung von Sondervermögen
Gem. § 4 Nr. 8 Buchst. h) UStG ist die Verwaltung von bestimmten Investmentvermögen von der Umsatzsteuer befreit. Für Alternative Investmentfonds gilt die Befreiung bislang nur, wenn sie mit den sog. Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (sog. OGAW) vergleichbar sind. Zur Stärkung des Finanzstandortes Deutschland wird die Befreiung für Verwaltungsleistungen ab dem 1. Januar 2024 faktisch auf alle Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuches ausgeweitet.
5. Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Durch das Gesetz zur Modernisierung der Personengesellschaften (MoPeG) wird gesetzlich geregelt, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ab dem 1. Januar 2024 selbstständig Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen kann, sofern dies im gemeinsamen Willen der Gesellschafter liegt. Weil bestimmte Rechtsgeschäfte (insbesondere mit Bezug auf Grundstücke) die Eintragung in ein neu zu schaffendes Gesellschaftsregister erfordern, wird ein höheres Maß an Transparenz (auch im Hinblick auf die beteiligten Gesellschafter) geschaffen.
Wer diese Transparenz ablehnt, wird möglicherweise einen Rechtsformwechsel in die Bruchteilsgemeinschaft anstreben. Weil der Bundesfinanzhof weiterhin an seiner Auffassung festhält, dass die Bruchteilsgemeinschaft selbst nicht Unternehmer ist (Unternehmereigenschaft besitzen demnach nur die dahinterstehenden Bruchteilseigentümer), besteht nach wie vor eine gewisse Unsicherheit, wie die Bruchteilsgemeinschaft umsatzsteuerlich zu behandeln ist. Allerdings wurde zum 1. Januar 2023 in § 2 Umsatzsteuergesetz klargestellt, dass der Unternehmerstatus nicht an die Rechtsfähigkeit anknüpft. Wir gehen davon aus, dass der Formwechsel von der GbR zur Bruchteilsgemeinschaft insoweit umsatzsteuerlich unproblematisch ist.
6. Ausblick
Wir dürfen davon ausgehen, dass auch das neue Jahr 2024 einigermaßen turbulent wird. Dafür dürften bereits die erwartete EuGH-Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Organschaft sowie die weiteren Diskussionen um das „VAT in the Digital Age“ – Paket (VIDA) auf EU-Ebene sorgen. In Anbetracht aktueller Haushaltslücken möchten wir auch nicht ausschließen, dass eine Erhöhung des Umsatzsteuersatzes angedacht wird.
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Wir danken an dieser Stelle unseren treuen Leserinnen und Lesern und wünschen Ihnen frohe Weihnachten. Wir freuen uns darauf, Ihnen auch 2024 mit Rat und Tat zur Seite stehen zu können.
Norderstedt, Dezember 2023
Dieser Beitrag ersetzt keine steuerliche Beratung und soll nur allgemein über steuerliche Themen informieren. Wir übernehmen daher keine Gewähr und somit keine Haftung für die Vollständigkeit und Aktualität sowie Richtigkeit der Inhalte.
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