Abgrenzung von Cateringleistungen

Coronabedingt gilt für Cateringleistungen (mit Ausnahme von Getränken) im Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2022 der ermäßigte Steuersatz. Für frühere Zeiträume bleibt die Abgrenzung zwischen Lieferungen (meist 7%) und Leistungen (19%) ein Dauerbrenner im Umsatzsteuerrecht. Nun hat sich zu Abgrenzungsfragen erneut das Bundesfinanzministerium geäußert.

1. Hintergrund

Bei der Abgabe von verzehrfertig zubereiteten Speisen und Getränken ist sorgfältig zwischen Lieferungen und sonstigen Leistungen zu differenzieren, weil hierfür prinzipiell unterschiedliche Steuersätze zur Anwendung kommen. (Die aktuelle Absenkung des Steuersatzes i. S. d. § 12 Abs. 2 Nr. 15 Umsatzsteuergesetz ist bislang auf den Zeitraum 1. Juli 2020 bis 31. Dezember 2022 befristet.) Hierbei ist die „Bereitstellung einer die Bewirtung fördernden Infrastruktur“ wichtiges Abgrenzungskriterium, weil sie Indiz einer Bewirtungssituation ist, was wiederum die Annahme einer regelbesteuerten Leistung stützt.

Mobiliar ist nach Auffassung des Bundesfinanzhofs allerdings nur dann zu berücksichtigen, wenn es ausschließlich der Bewirtung und nicht auch anderen Zwecken dient (vgl. Bundesfinanzhof (BFH) vom 3. August 2017, V R 61/16 zur Krankenhauskantine).

Sofern die Bewirtungsinfrastruktur von Dritten bereitgestellt wird, ist sie nur dann in die Betrachtung einzubeziehen, wenn der speisenabgebende Unternehmer diesbezüglich Dispositionsbefugnis hat. Eine Restaurationsleistung wurde daher vom BFH im Fall des sog. Breznläufers auf dem Münchner Oktoberfest (BFH-Urteil vom 3. August 2017, V R 15/17) verneint. Denn dieser zahlte zwar einen Betrag an den Festzeltbetreiber, um dort seine eigenen Umsätze tätigen zu dürfen. Die vom Festzeltbetreiber bereitgestellten Sitzgelegenheiten wurden allerdings von den Kunden genutzt, um die Leistungen des Festzeltbetreibers in Anspruch zu nehmen. Sie waren daher dem Breznverkäufer nicht zuzurechnen, er durfte seine Umsätze daher entgegen der Auffassung des Finanzamts als Lieferungen mit dem ermäßigten Steuersatz abrechnen.

 

 

2. BMF-Schreiben vom 22. April 2021

Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. hierzu Abschnitt 3.6 Abs. 5 Umsatzsteuer-Anwendungserlass) sind von Dritten erbrachte Leistungselemente insbesondere dann zu berücksichtigen, wenn der Dritte an den speisenabgebenden Unternehmer und dieser wiederum an den Kunden leistet. Dies gilt z.B. für den Fall, dass in einem Einkaufszentrum das Mobiliar an Imbissbudenbetreiber vermietet wird, damit diese ihren Kunden die Möglichkeit zum Verzehr an Ort und Stelle einräumen können.

Hingegen sind von Dritten erbrachte Leistungen nicht zu berücksichtigen, wenn der Dritte unmittelbar gegenüber dem verzehrenden Kunden tätig wird. Dies entspricht der Situation des o.g. Breznläufers im Oktoberfestzelt – der Festzeltbetreiber erbringt Bewirtungsleistungen an seine Gäste, weil er neben Speisen und Getränken auch die Bänke und Stühle bereitstellt. Der Breznverkäufer hingegen verkauft nur Brezeln, was insofern eine Lieferung ohne Leistungselemente darstellt. 

In diesem Zusammenhang greift nun aber das Bundefinanzministerium den Umkehrschluss des BFH-Urteils zum Breznläufer auf und stellt fest, dass die von Dritten bereitgestellten Leistungen zu berücksichtigen sind, „wenn dem Leistenden durch den Dritten der Art nach ein Mitbenutzungsrecht in Form von Verfügungs- und Dispositionsmöglichkeiten an dessen Dienstleistungselementen (z.B. Verzehrvorrichtungen) zugestanden worden ist. Maßgebend sind immer die Umstände des jeweiligen Einzelfalls.“

 

3. Auswirkungen / Empfehlungen

Unternehmen, welche Lebensmittel zum Verzehr an Ort und Stelle verkaufen, müssen prüfen, inwieweit im räumlichen Umfeld befindliches Mobiliar in die Betrachtung mit einzubeziehen ist. Ausreichend kann es nach Auffassung des BMF sein, wenn dem Unternehmer „der Art nach“ ein Mitbenutzungsrecht durch dessen Gäste zusteht. Es bedarf insoweit offensichtlich keiner vertraglichen Vereinbarung. Es wird insofern tendenziell weitere Fälle geben, die infolge der Verwaltungsauffassung nunmehr als Catering einzustufen sind.

Wie auch in anderen Fällen ist die „Meinungsänderung“ der Finanzverwaltung in allen offenen Fällen anzuwenden. Dies könnte also bedeuten, dass bislang als Lieferungen deklarierte Umsätze in Leistungen „umqualifiziert“ werden. Materielle Bedeutung hat dies vorerst nur für Zeiträume bis 30. Juni 2020. Ob sich der ermäßigte Steuersatz für Cateringleistungen (ohne Getränke) dauerhaft etabliert, bleibt abzuwarten.

Dessen ungeachtet ist mit weiteren Entwicklungen zu rechnen, so wird der Bundesfinanzhof in einem anhängigen Revisionsverfahren (XI R 25/19) darüber zu entscheiden haben, ob einer Bäckerei im Kassenbereich eines Supermarktes die vom Supermarkt bereitgestellten Tische und Stühle als Bewirtungsinfrastruktur zuzurechnen sind.

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Norderstedt, Mai 2021

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