Umsatzsteuerbefreiung für die Seeschifffahrt und Luftfahrt auch auf den Vorstufen!

Die deutsche Finanzverwaltung hat die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Umsatzsteuerbefreiung im Zusammenhang mit Umsätzen für die Seeschifffahrt und die Luftfahrt bestätigt und den Erlass aus Oktober 2017 ergänzt. Damit sollte der Weg für die Umsatzsteuerbefreiung auch auf den Vorstufen frei sein.

1. Hintergrund

 

Lieferungen und Dienstleistungen für die gewerbliche Seeschifffahrt und die Luftfahrt waren in Deutschland bislang grundsätzlich nur dann von der Umsatzsteuer befreit, wenn sie direkt an den Seeschifffahrtsbetreiber bzw. an das privilegierte Luftverkehrsunternehmen erbracht wurden.

 

Die Rechtsprechung des EuGH war hierzu eher indifferent. Mit Urteil vom 4. Mai 2017 hat der EuGH allerdings entschieden, dass sich eine Beschränkung auf die letzte Handelsstufe nicht aus dem Gesetz ergebe. Dieses Urteil hatten wir bereits in Umsatzsteuer-Aktuell 07/2017 erläutert.

 

2. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen

 

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat seine Ausführungen zur sogenannten Vorstufenbefreiung vom 6. Oktober 2017 mit Schreiben vom 5. September 2018 ergänzt. Zum einen wird erläutert, ab wann ein Schiffsneubau ein Schiff ist und zum anderen wird erläutert welche Nachweise für die Vorstufenbefreiung vorliegen müssen:

 

2.1 Wann ist ein Schiff ein Schiff?

 

Nach Auffassung der Finanzverwaltung greift die Umsatzsteuerbefreiung nur, wenn die Leistungen für ein vorhandenes Wasserfahrzeug erbracht werden. Dies sei im Fall eines Neubaus frühestens dann der Fall, wenn der Stapellauf oder ein Aufschwimmen im Trockendock erfolgt ist.

 

Mithin greift die Umsatzsteuerbefreiung für den Neubau von Schiffen grundsätzlich nur eingeschränkt bzw. je nach Baufortschritt. Vorsicht ist insbesondere bei Teilleistungen und Anzahlungsrechnungen geboten. Im Zweifel werden Leistungserbringer mit Steuerausweis abrechnen wollen, während Leistungsempfänger das Vorsteuerrisiko im Blick haben.

 

Für Luftfahrzeuge sollte aufgrund des Verweises im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) gleiches gelten, d.h., dass Luftfahrzeug muss vorhanden sein. Wann ein Luftfahrzeug als vorhanden gilt, lässt die Finanzverwaltung allerdings offen.

 

2.2 Nachweisführung bei Vorstufenbefreiung

 

Die EuGH-Rechtsprechung aufgreifend, lässt auch die Finanzverwaltung die Befreiung auf der Vorstufe zu, wenn

 

  • im Zeitpunkt der Leistungen deren endgültige Verwendung für den Bedarf eines konkreten, eindeutig identifizierbaren Seeschiffes feststeht und
  • die endgültige Zweckbestimmung bereits aufgrund der Befolgung der steuerlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten (Beleg- und Buchnachweis) sowie der Befolgung der Aufbewahrungspflichten nachvollziehbar ist und
  • nicht durch besondere Kontroll- und Überwachungsmechanismen belegt werden muss.

 

Auch hier fehlen jegliche Hinweise, wie die Befreiung im Luftfahrtbereich zu dokumentieren ist.

 

3. Bewertung und Empfehlungen

 

Unseres Erachtens sollten die Voraussetzungen für die Vorstufenbefreiungen insbesondere im Bereich der Luftfahrt in vielen Fällen gegeben und zu dokumentieren sein. Denn bereits aufgrund der luftfahrtrechtlichen Anforderungen ist ein Nachweis der gesamten Lieferkette durch Serialnummern und Registrierungen der Luftfahrzeuge sowie der Betreiber (Operator) vorhanden.

 

Aber auch im Bereich der Seeschifffahrt sind die Anforderungen unseres Erachtens erfüllbar. Denn die Finanzverwaltung lässt es zu, durch Schiffszertifikate und Bestätigungen der Vertragspartner und Aufzeichnungen von Name und Anschrift des Seeschifffahrtsbetreibers (Abschnitt 8.3 Abs. 2 UStAE) den Nachweis über die Zweckbestimmung zu führen. Sofern die Vertragspartner (z.B. Werften) die Betreiber allerdings nicht zu nennen bereit sind, muss auf den Vorstufen Umsatzsteuer erhoben werden. Das Risiko liegt in diesen Fällen bei der Werft.

 

Grundsätzlich ist die weitere Auslegung des Anwendungsbereichs der Vorstufenbefreiung positiv zu beurteilen. Es darf aber nicht vergessen werden, dass fehlerhafte Interpretationen ein Risiko beinhalten. Eine Beurteilung im Einzelfall ist daher (auch weiterhin) erforderlich.

 

Wir beraten Sie gern zu diesen und weiteren umsatzsteuerlichen Themen und freuen uns über eine Kontaktaufnahme bzw. Rückmeldung.

 

Ihr Team der

umsatz | steuer | beratung

 

Norderstedt, September 2018

Dieser Beitrag ersetzt keine steuerliche Beratung und soll nur allgemein über steuerliche Themen informieren. Wir übernehmen daher keine Gewähr und somit keine Haftung für die Vollständigkeit und Aktualität sowie Richtigkeit der Inhalte.

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