„Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften 2018“

Am 1. August 2018 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf zum „Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ verabschiedet (bisheriger Arbeitstitel „Jahressteuergesetz 2018“). Nachfolgend möchten wir auf die darin enthaltenen umsatzsteuerlichen Änderungen hinweisen. Der Entwurf wird im Herbst den Gesetzgebungsprozess durchlaufen, so dass die Änderungen am 1. Januar 2019 in Kraft treten könnten.

1. Gutscheine

 

Bereits in 2016 wurden die umsatzsteuerlichen Regelungen für Gutscheine auf EU-Ebene verabschiedet. Deutschland kommt nunmehr fristgerecht der Verpflichtung nach, das nationale Gesetz entsprechend anzupassen.

Zu unterscheiden ist demnach zukünftig zwischen zwei Gutschein-Typen:

 

  • Einzweck-Gutschein: Hier stehen Ort und Steuersatz der im Gutschein verbrieften Leistung schon bei Ausgabe des Gutscheins fest (Beispiel: Kinovorführung im Inland, 7%). Die Ausgabe gegen Entgelt sowie jeder entgeltliche Weiterverkauf ist der Steuer zu unterwerfen, jeder Beteiligte wird so behandelt, als erbringt er die Leistung an seinen jeweiligen Kunden.
  • Mehrzweckgutschein: Hier kann die Steuer bei Ausgabe noch nicht ermittelt werden, weil Ort und Leistung / Steuersatz nicht feststehen (Beispiel: Gutschein für den Besuch im Fast-Food-Restaurant, 7% bei Mitnahme, 19% bei Verzehr vor Ort). Die Umsatzsteuer fällt erst bei Einlösung des Gutscheines an. Beim Weiterverkauf sind Differenzen zwischen Kaufpreis und Verkaufspreis als Vertriebsprovisionen zu behandeln und zwischen inländischen Unternehmen prinzipiell mit Umsatzsteuer abzurechnen.

 

Für Preisnachlassgutscheine (Beispiel: 20% Nachlass für den nächsten Einkauf) gelten diese Vorschriften nicht.

Die Regelungen sind insbesondere im Hinblick auf Mehrzweckgutscheine kompliziert, Fragen dürften sich hinsichtlich der Unterscheidung zwischen den Gutscheintypen und des grenzüberschreitenden Handels ergeben. Eine Einzelfallbeurteilung wird insofern unbedingt notwendig sein.

 

2. Elektronische Dienstleistungen

 

Bei elektronischen Dienstleistungen, sowie Rundfunk- und Fernsehleistungen, die von EU-ansässigen Unternehmen an EU-Endverbraucher erbracht werden, gilt seit dem 1. Januar 2015 (wie schon seit 2003 für Drittlandsanbieter) das Empfängerortprinzip (§ 3a Abs. 5 UStG). Die Anbieter solcher Leistungen müssen sich aber nicht in jedem EU-Mitgliedstaat registrieren, stattdessen können sie im Ansässigkeitsstaat eine gemeinsame Steuererklärung für alle EU-Auslandsumsätze abgeben (sog. MOSS-Verfahren, Mini One Stop Shop).

Ab 1. Januar 2019 soll nunmehr aus Vereinfachungsgründen fakultativ auf das bis 2014 geltende Sitzortprinzip umgestellt werden können, wenn der EU-Auslandsumsatz 10.000 Euro nicht überschreitet. Für die Anbieter erübrigt sich dann die Abgabe der MOSS-Erklärung, stattdessen sind die Umsätze dem Steuersatz des Sitzstaates zu unterwerfen.

Ferner können die Anbieter der o.g. Leistungen bei der Ausstellung von Rechnungen zukünftig das Recht ihres Ansässigkeitsstaates zugrunde legen. Bislang galt prinzipiell das Recht des Mitgliedstaates, in dem der Endkunde ansässig ist. Für in Deutschland ansässige Anbieter wird die Neuregelung eine erhebliche Erleichterung darstellen, weil die Ausstellung von Rechnungen im Endkundengeschäft nicht zwingend ist.

 

3. Entgeltbegriff

 

Nach der bisherigen Vorschrift (§ 10 UStG) ermittelt sich das umsatzsteuerliche Entgelt aus dem, was der Leistungsempfänger oder ein Dritter für die bezogene Leistung aufwendet. In Anpassung an die EU-Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie wird nunmehr darauf abgestellt, was der Leistende vom Leistungsempfänger oder von einem Dritten erhält.

Grundsätzlich sollten sich hier keine materiellen Änderungen ergeben, so dass auch der Gesetzgeber in der Begründung richtigerweise von einer Klarstellung spricht. In einzelnen Fällen (wie z.B. beim Factoring oder beim Glücksspiel mit Gewinnauszahlungsverpflichtungen) kann sich aber Diskussionsbedarf ergeben.

 

4. Marktplatzhaftung

 

Für die größte „Aufregung“ sorgt momentan die Einführung einer Haftungsregelung für Online-Marktplätze. Die Finanzverwaltung geht demnach davon aus, dass sich auf den Marktplätzen (wie z.B. Ebay und Amazon) zahlreiche Händler bewegen, die ihren umsatzsteuerlichen Pflichten nicht nachkommen und in Deutschland keine Umsatzsteuer abführen.

Den Marktplatzbetreibern soll nunmehr auferlegt werden, das steuerliche Wohlverhalten der Händler so weit wie möglich zu kontrollieren. Für diese Zwecke soll der Händler folgende Informationen vorhalten:

 

  • die dem Händler vom Finanzamt ausgestellte Bescheinigung über dessen steuerliche Erfassung
  • Angaben zum Händler (Name, Adresse, Steuernummer) und zu den vom Händler über den Marktplatz abgewickelten Umsätzen (Versandweg, Art und Zeitpunkt).

 

Informiert die Finanzverwaltung den Marktplatzbetreiber darüber, dass der Händler seinen steuerlichen Pflichten nicht nachkommt, haftet der Marktplatzbetreiber für zukünftige Steuern, sofern er den Händler nicht innerhalb einer gegebenen Frist sperrt.

Die Regelung tritt für im Drittland ansässige Händler am 1. März 2019 und für in der EU ansässige Händler am 1. Oktober 2019 in Kraft. Die Händler müssen sich also darum kümmern, den Marktplatzbetreibern die entsprechenden Informationen und Dokumente zukommen zu lassen. Andernfalls ist damit zu rechnen, dass sie vom Marktplatzbetreiber gesperrt werden. Die Marktplatzbetreiber wiederum müssen dafür Sorge tragen, dass sie im Fall entsprechender Anfragen von Seiten des Finanzamts fristgerecht entsprechende Schritte vollziehen können, um die Haftungsfalle zu vermeiden.

Zu beachten ist, dass die Haftung nur im Hinblick auf den Warenhande gilt, der über die Marktplätze abgewickelt wird. Für Marktplätze, über die Dienstleistungen erbracht bzw. abgewickelt werden, gilt die Neuregelung nicht.

 

 

Wir beraten Sie gern zu diesen und weiteren umsatzsteuerlichen Themen und freuen uns über eine Kontaktaufnah­me bzw. Rückmeldung.

 

Ihr Team der

umsatz | steuer | beratung

 

Norderstedt, August 2018

Dieser Beitrag ersetzt keine steuerliche Beratung und soll nur allgemein über steuerliche Themen informieren. Wir übernehmen daher keine Gewähr und somit keine Haftung für die Vollständigkeit und Aktualität sowie Richtigkeit der Inhalte.

 

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