Verlängerung der Abgabefristen für Steuererklärungen und Absenkung des Zinssatzes für Steuerzinsen.

Der Gesetzgeber hat mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz die Abgabefristen für Steuererklärungen verlängert und mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung den Zinssatz für Erstattungs- und Nachzahlungszinsen auf 1,8 % p. a. mit Wirkung ab 1. Januar 2019 herabgesetzt.

1. Verlängerung der Abgabefristen für Steuererklärungen

Aufgrund der andauernden Corona-Pandemie und der zusätzlichen Belastungen durch die Grundsteuerreform ist der Gesetzgeber Steuerzahlern und Steuerberatern entgegengekommen, indem er die Fristen i. S. d. § 149 Abgabenordnung (AO) für die Abgabe von Steuererklärung für mehrere Jahre wie folgt verlängert hat:

Abgabefristen für Steuererklärungen

Wie zu erkennen ist, wird die eingeräumte Verlängerung der Abgabefristen über die nächsten Jahre schrittweise wieder zurückgefahren. Mithin werden für beratene Fälle ab dem Veranlagungszeitraum 2025 (Frist ist dann Ende Februar 2027) und für nicht beratene Fälle ab dem Veranlagungszeitraum 2024 (Frist ist dann Ende Juli 2025) wieder die ursprünglichen Fristen Anwendung finden.

Die mit den Abgabefristen zusammenhängenden Regelungen werden entsprechend angepasst:

  • Möglichkeit der zusätzlichen Fristverlängerung in begründeten Ausnahmefällen (§ 109 Abs. 2 AO)
  • Verspätungszuschläge bei Fristversäumnis (§ 152 AO)
  • Karenzzeitraum, nach dessen Ablauf Steuerzinsen anfallen (§ 233a AO).

 

2. Absenkung der Steuerzinsen

Das Bundesverfassungsgericht hat bekanntlich im Jahr 2021 entschieden, dass der Zinssatz in Höhe von 6 % p. a. für die Verzinsung von Steuernachforderungen (§ 233a AO) verfassungswidrig und für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 anzupassen ist. Dieser Vorgabe ist der Gesetzgeber mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung nunmehr nachgekommen.

Der bisherige Zinssatz von 6 % p. a. wird für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 auf 1,8 % p. a. abgesenkt.

Beispiel: Im August 2022 ergehen infolge einer Betriebsprüfung geänderte Bescheide zur Umsatzsteuer 2016. Die darin enthaltene Nachzahlung ist unter Berücksichtigung des Karenzzeitraumes von 15 Monaten von April bis Dezember 2018 mit 6% p.a. und ab Januar 2019 mit 1,8% p.a. zu verzinsen.

Alle zwei Jahre soll der Zinssatz mit der Marktentwicklung verglichen und ggfs. angepasst werden – erstmalig also zum 1. Januar 2024. In Anbetracht aktuell steigender Marktzinsen dürften die 1,8% nur ein kurzes Intermezzo sein.

Es ist zu beachten, dass nur der „normale“ Zinssatz abgesenkt wurde, die Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen betragen also weiterhin 6%.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass bei der Umsatzsteuer grundsätzliche Zweifel an der Vereinbarkeit der Vollverzinsung mit EU-Recht bestehen. Der Europäische Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang bereits entschieden, dass die automatische Festsetzung von Nachzahlungszinsen unverhältnismäßig ist, weil sie die wirtschaftliche Tätigkeit von Unternehmen mit einer aus der Umsatzsteuer resultierenden steuerlichen Belastung belegt. Ob es sich zum aktuellen Zeitpunkt empfiehlt, gegen Nachzahlungszinsen verfahrensrechtlich vorzugehen, muss individuell geprüft werden.

 

3. Keine Vorläufigkeit bei der Festsetzung von Erstattungszinsen

Die Finanzverwaltung hatte Zinsfestsetzungen zwischenzeitlich mit Vorläufigkeitsvermerk (§ 165 AO) vorgenommen, um nach Ergehen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Anpassungen vornehmen zu können.

Hierbei war von Anfang an fraglich, ob eine Vorläufigkeit bei der Festsetzung von Erstattungszinsen zulässig ist und dem Finanzamt die Möglichkeit gibt, den Differenzbetrag nach Absenkung infolge der Änderung vom Steuerpflichtigen zurückzuzahlen ist. Das Finanzgericht Hamburg ist dem mit seiner Entscheidung vom 14. April 2022 entgegengetreten. Es hält die vorläufige Festsetzung für einen Verstoß gegen den Vertrauensschutz (§ 176 AO).

Wir empfehlen daher, gegen entsprechende Rückforderungen mit Verweis auf das Urteil vorzugehen.

 

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Wir beraten Sie gern zu diesen und weiteren umsatzsteuerlichen Themen und freuen uns über eine Kontaktaufnahme bzw. Rückmeldung.

 

Ihr Team der

umsatz | steuer | beratung

 

Norderstedt, Juli 2022

Dieser Beitrag ersetzt keine steuerliche Beratung und soll nur allgemein über steuerliche Themen informieren. Wir übernehmen daher keine Gewähr und somit keine Haftung für die Vollständigkeit und Aktualität sowie Richtigkeit der Inhalte.

 

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