Was sind Werklieferungen? – Das BMF klärt auf!

Im Umsatzsteuerrecht ist die Art der erbrachten Leistung maßgeblich für die korrekte Bestimmung von Leistungsort und Steuerschuldner sowie -pflicht. Daher ist im Interesse der Vermeidung von Steuerrisiken auch sorgfältig zwischen Werklieferungen und „einfachen“ Lieferungen zu unterscheiden. Unter Bezugnahme auf das spektakuläre Bauträgerurteil des Bundesfinanzhofs vom 22. August 2013 hat das Bundesfinanzministerium nunmehr eine klarstellende Einschränkung des Begriffs der Werklieferung formuliert, welche von den Vertragsparteien zu beachten ist.

1. Hintergrund

 

Im Bauträgerurteil vom 22. August 2013 hat der Bundesfinanzhof festgestellt, dass Werklieferungen nur dann vorliegen, wenn zusätzlich zur Verschaffung der Verfügungsmacht an einem Gegenstand vom Werkunternehmer ein fremder Gegenstand be- oder verarbeitet wird. Demgegenüber reicht es für die Annahme einer Werklieferung nicht aus, wenn der Werkunternehmer lediglich eigene Gegenstände be- oder verarbeitet.

 

Weil die bisherige Verwaltungsauffassung diesem Kriterium nicht entsprach, wird Abschnitt 3.8 Absatz 1 Satz 1 Umsatzsteuer-Anwendungserlass durch das BMF-Schreiben vom 1. Oktober 2020 entsprechend neu gefasst. Die Be- oder Verarbeitung eines fremden Gegenstandes durch den Werkunternehmer ist demzufolge zukünftig Voraussetzung für die Annahme einer Werklieferung. Andernfalls liegt eine „einfache“ Lieferung vor.

 

Zwingend anzuwenden sind die neuen Grundsätze ab dem 1. Januar 2021, bis dahin gilt eine Nichtbeanstandungsregelung.

 

2. Bedeutung für die Praxis und Handlungsbedarf

 

Ein Werkvertrag liegt vor, wenn das bestellte Werk durch den Unternehmer erst fertiggestellt bzw. instandgehalten wird. Werklieferungen sind beispielsweise die Herstellung, Reparatur, sowie Wartungsoder sonstige Arbeiten an Gebäuden und beweglichen Sachen.

 

Handelt es sich bei der Werklieferung um eine Bauleistung an einen anderen Bauunternehmer (§ 13b (2) Nr. 4 UStG) oder wird eine Werklieferung von einem ausländischen Unternehmer erbracht (§ 13b  (2) Nr. 1 UStG), wird die Umsatzsteuer vom Leistungsempfänger geschuldet. Liegt hingegen eine „einfache” Lieferung vor, weil kein fremder Gegenstand bearbeitet oder verarbeitet wird, schuldet der Leistende die Umsatzsteuer.

 

Beispiel:
Ein in Österreich ansässiger Messebauer errichtet in München im Auftrag eines deutschen Ausstellers einen Messestand. Nach bisheriger Auffassung handelt es sich um eine Werklieferung, für die der Aussteller die Umsatzsteuer schuldet. Weil der Messebauer aber keinen fremden Gegenstand be- oder verarbeitet, sondern vor Ort den Messestand aus selbst bereitgestellten Bauteilen errichtet, handelt es sich nach den neuen Anwendungsgrundsätzen nicht mehr um eine Werklieferung, sondern um eine Lieferung. Lieferort ist München, der österreichische Messebauer muss sich in Deutschland registrieren und mit deutscher Umsatzsteuer abrechnen.

 

Im Hinblick auf (Werk-) Lieferungen, die nach dem 31. Dezember 2020 ausgeführt werden sollen, empfiehlt sich eine Überprüfung bereits abgeschlossener Verträge bzw. eine klarstellende Verweisung auf die neuen Abgrenzungsgrundsätze, um sicherzustellen, dass der Steuerschuldner richtig bestimmt wird. Hierbei sollte auch definiert werden, inwieweit bei der Erstellung des Werkes vom Werkunternehmer fremde oder nur eigene Gegenstände be- und verarbeitet werden. Nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Empfänger von bereits abgeschlossenen Werklieferungen sollten prüfen, ob unter Verweis auf die nunmehr engere Auslegung des Begriffs die nach § 13b UStG abgeführte Umsatzsteuer nebst Zinsen entsprechend der Bauträger-Fälle vom Finanzamt zurückgefordert werden kann.

 

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Ihr Team der

umsatz | steuer | beratung

 

Norderstedt, Oktober 2020

Dieser Beitrag ersetzt keine steuerliche Beratung und soll nur allgemein über steuerliche Themen informieren. Wir übernehmen daher keine Gewähr und somit keine Haftung für die Vollständigkeit und Aktualität sowie Richtigkeit der Inhalte.

 

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