Kein Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit Eingangsleistungen für Werbezwecke?

Das Finanzgericht Niedersachsen hat einer Fahrschule das Recht auf Vorsteuerabzug für das Trikot-Sponsoring von Jugendfußballvereinen zugesprochen. Das Urteil verdeutlicht den systematischen Zusammenhang zwischen Vorsteuerabzug und Ausgangsleistungen und lässt insofern auch erkennen, dass die eigentliche Gefahr solcher Werbemaßnahmen weniger beim Sponsor, sondern eher beim Verein zu sehen sind.

1. Grundlagen für den Vorsteuerabzug

Ein Unternehmer kann die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmen für seine Unternehmen ausgeführt werden, in Abzug bringen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG)). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat das Vorsteuerabzugsrecht dahingehend konkretisiert, dass die Eingangsleistungen vom Steuerpflichtigen auf einer nachfolgenden Umsatzstufe für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden müssen; die bezogenen Leistungen müssen also in die vorsteuerunschädlichen Ausgangsleistungen einfließen (vgl. z. B. zuletzt EuGH vom 8. September 2022 – C-98/21, Finanzamt R).

Nicht abziehbar sind u.a. Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen entfallen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) gilt (§ 15 Abs. 1a UStG). Mithin sind z. B. Umsatzsteuerbeträge auf Aufwendungen für Geschenke, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten insgesamt 35 Euro übersteigen, nicht als Vorsteuer abziehbar (§ 15 Abs. 1a UStG i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG).

Bei der Überlassung eines Trikot-Satzes an einen Sportverein ohne Zahlung von Geldbeträgen, dessen Wert die Grenze von 35 Euro übersteigt, stellt sich daher die Frage, ob es sich um ein Geschenk oder aber um eine eigene umsatzsteuerliche Ausgangsleistungen als Gegenleistung für eine erhaltene Werbeleistung handelt.

 

2. Entscheidung des Finanzgerichts Niedersachsen

Das Finanzgericht Niedersachsen hatte im Urteil vom 3. Januar 2022 – 11 K 200/20 über den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung von Trikots zu entscheiden, die von einer Fahrschule an einen gemeinnützigen Sportverein für den Spielbetrieb der Jugendabteilung zur Verfügung gestellt wurden.

Das zuständige Finanzamt hatte den Vorsteuerabzug mit dem Hinweis versagt, dass zwischen der Fahrschule und dem Sportverein keine schriftliche Vereinbarung über die Erbringung von gegenseitigen Leistungen vorlag. Hierauf antwortet das Finanzgericht, dass eine schriftliche Vereinbarung nicht erforderlich ist. Durch das Tragen der Trikots erfolgt eine konkludente Annahme des Angebots zur Nutzung gegen die Erbringung von Werbeleistungen. Die Überlassung erfolgt damit in den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Vereins und die Voraussetzungen für einen tauschähnlichen Umsatz sind gegeben.

Im Weiteren geht das FG auf eine Entscheidung des Finanzgerichtes Köln vom 17. Februar 2006 – 11 K 1827/03 ein, indem ein Leistungsaustausch verneint wurde. Es begründet diese Entscheidung damit, dass der Geschäftsgegenstand des Sponsors (Maschinenbauer) nicht auf den Normalverbraucher abzielt, sondern nur speziellen Kunden zugänglich ist. Die Werbung auf den Trikots von Kinder- und Jugendmannschaften, denen in erster Linie Familienangehörige und Freunde beim Spielen zuschauen, spricht damit keine potenziellen Kunden des Sponsors an. Eine Werbeleistung des Sportvereins wird deshalb verneint.

In dem vom Finanzgericht Niedersachsen entschiedenen Fall liegt die Sache anders, weil (bereits) die Spieler der Jugendmannschaften potenziellen Kunden einer Fahrschule sind. Demnach ist eine Werbeleistung des Sportvereins zu bejahen und damit auch ein tauschähnlichen Umsatz zwischen Fahrschule und Verein.

Im Ergebnis kann die Fahrschule den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung der Trikots also geltend machen.

 

3. Bewertung und Konsequenzen

Es überrascht zunächst, dass die Einordnung des Vorsteuerabzugs auf Seiten des Sponsors von einer „objektiven“ Werbewirkung abhängig sein soll.
Denn tatsächlich dürfte sich der Sponsor eigene Vorstellungen darüber gemacht haben, warum er diesen Aufwand tätigt. Getreu dem Motto „Ein Kaufmann hat nichts zu verschenken!“ erscheint es unsinnig, ein Geschenk anstelle der Erwartung einer Werbeleistung als Gegenleistung zu unterstellen. Die beiden Gerichtsentscheidungen zeigen aber, dass sich Finanzämter durchaus ihre Gedanken machen, ob Werbeaufwand gerechtfertigt ist oder nicht. Sponsoren sind insofern vorgewarnt!

Nicht zu übersehen sind freilich die Konsequenzen für den Verein. Denn der Vorsteuerabzug auf Seiten des Sponsors impliziert die Werbeleistung. Und die ist prinzipiell eine wirtschaftliche Tätigkeit. Sofern bei summarischer Betrachtung des Vereins die Kleinunternehmergrenze überschritten ist, muss der Verein für die erbrachte Werbeleistung Umsatzsteuer anmelden. Dabei entspricht der Wert der Werbeleistung dem Wert der überlassenen Trikots, hierüber müssen ordnungsgemäße Rechnungen ausgestellt werden. Das Prozedere sollte daher zwischen Sponsor und Verein vorab besprochen werden.

Sofern man die Diskussionen mit dem Finanzamt vermeiden will, bietet sich alternativ die Möglichkeit an, die Trikots aus privaten Mitteln als Sachspende dem Verein zur Verfügung zu stellen. Der gemeinnützige Verein kann hierüber eine Spendenbescheinigung ausstellen, so dass zumindest eine Minderung der Einkommensteuer erreicht wird. Die Vorsteuer wäre in diesem Fall freilich nicht abziehbar.

 

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Ihr Team der

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Norderstedt, Oktober 2022

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