Unternehmereigenschaft von Aufsichtsräten

Eine der grundlegenden Voraussetzungen für die Anwendung der Umsatzsteuer ist eine selbständige unternehmerische Tätigkeit, also ein Handeln auf eigene Rechnung und Verantwortung. Mit Schreiben vom 8. Juli 2021 ändert die Finanzverwaltung ihre Beurteilung von Aufsichtsräten, wobei die neuen Grundsätze zwingend erst ab 2022 anzuwenden sind.

1. Hintergrund

Bislang vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, dass die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied selbständig erfolgt (vgl. Abschnitt 2.2 (2) Umsatzsteuer-Anwendungserlass). Mit Urteil vom 27. November 2019 hatte der Bundesfinanzhof entschieden, dass ein Aufsichtsratsmitglied nicht unternehmerisch tätig ist, wenn er aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko trägt (siehe dazu auch unser Mandantenrundschreiben 6/2019).

 

2. BMF-Schreiben vom 8. Juli 2021

Mit Schreiben vom 8. Juli 2021 ändert das Bundesministerium der Finanzen den Umsatzsteuer-Anwendungserlass und passt ihn inhaltlich an die Rechtsprechung an.

Eine nicht selbständige Tätigkeit liegt demnach vor, wenn der Aufsichtsrat eine nicht variable Festvergütung erhält, insbesondere in Form einer pauschalen Aufwandsentschädigung. Werden hingegen Sitzungsgelder bzw. nach tatsächlichem Aufwand bemessene Entschädigungen gezahlt, handelt es sich nicht um Festvergütungen und eine selbständige Tätigkeit ist zu bejahen.

Wichtig ist die Behandlung von in der Praxis sicherlich häufig anzutreffenden Mischfällen, in denen der Aufsichtsrat im Rahmen eines einzelnen Mandats sowohl variable als auch Festvergütungen erhält. Hierzu regelt das Bundesfinanzministerium, dass die Selbständigkeit zu bejahen ist, wenn die variablen Anteile im Kalenderjahr mindestens 10% der Gesamtvergütung ausmachen. Hierbei sind Reisekostenerstattungen nicht zu berücksichtigen.

Eine Ausnahme gilt für Beamte und andere Bedienstete der öffentlichen Hand, die diese Tätigkeit auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung ihres Dienstherrn übernommen haben und nach beamten- oder anderen dienstrechtlichen Vorschriften verpflichtet sind, die Vergütung ganz oder teilweise an den Dienstherrn abzuführen. Diese Tätigkeit kann auch bei zu bejahendem Vergütungsrisiko als nicht unternehmerisch behandelt werden.

Diese neuen Grundsätze gelten ab sofort. Die Finanzverwaltung hat allerdings eine Übergangsregelung eingeräumt. Danach können die bisher geltenden Regelungen für Aufsichtsrats-Leistungen, die bis einschließlich 31. Dezember 2021 ausgeführt werden, weiterhin angewendet werden.

 

3. Konsequenzen

Unternehmen und Aufsichtsräte müssen spätestens zum 1. Januar 2022 prüfen, ob Vergütungen weiterhin mit Umsatzsteuer abzurechnen sind oder netto. Wird weiterhin mit Umsatzsteuer abgerechnet, obwohl es sich nach den neuen Grundsätzen nicht um eine selbständige Tätigkeit handelt, ist die Vorsteuer nicht abzugsfähig (§ 14c UStG). Bei Unternehmen, die dem Grunde nach nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind (z.B. Finanzdienstleister, Wohnungsunternehmen, Unternehmen im Bereich des Wohlfahrts- und Bildungswesens), stellt der Wegfall der Steuerpflicht unter den o.g. Voraussetzungen eine echte Entlastung dar. Zu beachten ist, dass im Rahmen der Nichtbeanstandungsregelung eine Umstellung mit Stichtag 31.12.2021 zu erfolgen hat. Dies gilt auch dann, wenn das Mandat abweichend vom Kalenderjahr besteht.

Sollten Sie zu diesem Themenbereich oder anderen umsatzsteuerlichen Fällen Fragen haben, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

 

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Ihr Team der

umsatz | steuer | beratung

 

Norderstedt, Juli 2021

Dieser Beitrag ersetzt keine steuerliche Beratung und soll nur allgemein über steuerliche Themen informieren. Wir übernehmen daher keine Gewähr und somit keine Haftung für die Vollständigkeit und Aktualität sowie Richtigkeit der Inhalte.

 

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