ECOFIN-Rat einigt sich auf Anpassungen bei der EU-Mehrwertsteuer

Bereits im Oktober 2017 hat die EU-Kommission Vorschläge zur Anpassung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie unterbreitet, die der Modernisierung, der Betrugsbekämpfung und der Vereinfachung dienen sollen. Hinsichtlich einiger Aspekte haben die Finanzminister der Europäischen Union im Rat der Europäischen Union für Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN) Einigung erzielt.

1. Quick Fixes

 

Die kurzfristigen Anpassungen, sog. Quick Fixes, sollen Verbesserungen bei besonders problembehafteten Umsätzen bringen, insbesondere im Bereich des innergemeinschaftlichen Warenhandels. Ursprünglich war eine Umsetzung bereits zum 1. Januar 2019 geplant (siehe Umsatzsteuer-Aktuell 12/2017), die Änderung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie erfolgt nunmehr aber erst mit Wirkung ab 1. Januar 2020. Das Paket umfasst vier Elemente

 

1. USt-IdNr. wird materielle Voraussetzung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen

Für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen muss dem Lieferanten die Umsatzsteuer-Identi­fikationsnummer (USt-IdNr.) des Abnehmers vorliegen. Abweichend von der bisherigen EuGH-Rechtsprechung handelt es sich zukünftig um eine materielle Voraussetzungen für die Steuerbefreiung. Ferner wird die Befreiung versagt, wenn der Lieferant die Zusammenfassende Meldung nicht bzw. fehlerhaft übermittelt.

 

2. Reihengeschäfte bzw. Streckengeschäfte

Bei grenzüberschreitenden Reihen- bzw. Streckengeschäften ist die Bestimmung der steuerbefreiten Lieferung ein in der Praxis kaum lösbares Problem, wenn der Transport durch einen mittleren Unternehmer erfolgt.

 

Bei innergemeinschaftlichen Reihengeschäften ist zukünftig grundsätzlich die Lieferung an denjenigen, der den Transport veranlasst, die steuerbefreite Lieferung. Sofern er jedoch gegenüber dem Lieferanten unter der USt-IdNr. des Abgangsmitgliedstaates auftritt, ist seine Lieferung als innergemeinschaftliche Lieferung von der Umsatzsteuer befreit. Die dann EU-weit geltende Regelung entspricht der heutigen deutschen Rechtsprechung.

 

3. Innergemeinschaftliche Lieferung – Nachweise

Für die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung soll der Nachweis zukünftig durch zwei sich nicht widersprechende Belege geführt werden, die von zwei unterschiedlichen Parteien (Verkäufer, Käufer, Spediteur oder Dritter) auszustellen sind. Neben dem CMR Frachtbrief oder der Rechnung des Spediteurs kann z.B. auch eine Bestätigung des Lagerhalters verwendet werden. Bei Abholung durch den Käufer, soll dieser schriftlich bestätigen, dass er die Ware transportiert. Neben diesem, der deutschen Gelangensbestätigung ähnlichem Dokument, soll der Verkäufer aber darüber hinaus zwei weitere Nachweise führen. Die erst vor 5 Jahren ins Leben gerufene Gelangensbestätigung verliert insofern ihre Qualität als Alleinnachweis, was zu kritisieren ist und bei den Unternehmen erneut zu Mehraufwand führen dürfte.

 

4. Konsignationslagerregelungen

Werden Gegenstände in einen anderen Mitgliedstaat verbracht, um (erst) zu einem späteren Zeitpunkt auf den Abnehmer übertragen zu werden, handelt es sich prinzipiell um ein innergemeinschaftliches Verbringen mit anschließender lokaler Lieferung. Folglich wäre eine Registrierung des Lieferanten im Bestimmungsland notwendig.

 

Mehrere Mitgliedstaaten haben hingegen bereits heute Vereinfachungsregelungen, wonach von einer innergemeinschaftlichen Lieferung z.B. im Zeitpunkt der Entnahme aus dem ausländischen Lager ausgegangen kann. Eine entsprechende Vereinfachungsregelung gilt (verpflichtend) ab 1. Januar 2020 in allen Mitgliedstaaten, wenn der Abnehmer im Zeitpunkt des Verbringens bekannt ist und der Verkauf an den Abnehmer innerhalb von 12 Monaten erfolgt. Für die Anwendung der Regelung gelten besondere Aufzeichnungspflichten.

 

Auf die Einführung des Status des zertifizierten Steuerpflichtigen (CTP) konnte man sich nicht einigen.

Die Änderungen 1., 2. und 4. müssen in das deutsche Umsatzsteuergesetz übernommen werden. Die Nachweispflichten gem. Nr. 3. werden sicherlich in die UStDV eingepflegt. Hiermit ist in 2019 zu rechnen.

 

2. Steuersatz für E-Books / E-Paper

 

Gegenwärtig ist die Anwendung ermäßigter Steuersätze für elektronische Publikationen ausgeschlossen. Weil entsprechende Printprodukte i.d.R. dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, führt das zu Wettbewerbsverzerrungen und zu Problemen bei der Entgeltaufteilung für Produkt-Bündel, z.B. Zeitschrift inkl. Online-Zugang.

 

Zukünftig wird den Mitgliedstaaten ein Entscheidungsspielraum eingeräumt, auch für elektronische Publikationen den ermäßigten Steuersatz anzuwenden. Zu hoffen ist, dass auch in Deutschland hiervon Gebrauch gemacht wird. Die Änderung der MwStSystRL soll mit Veröffentlichung in Kraft treten, sodass prinzipiell schon 2019 eine Neuregelung möglich wäre.

 

3. Reverse-Charge-Verfahren

 

Den Mitgliedstaaten soll zeitlich befristet bis zum 30. Juni 2022 die Möglichkeit eingeräumt werden, für inländische Lieferungen und Leistungen im B2B-Bereich ein generelles Reverse-Charge-Verfahren anzuwenden. Voraussetzung ist allerdings u.a., dass der betreffende Mitgliedstaat im erheblichen Umfang vom Mehrwertsteuerbetrug z.B. durch Karussellgeschäfte betroffen ist.

 

Wir gehen davon aus, dass kein Mitgliedsland von dieser Regelung Gebrauch machen wird. Denn bereits die Befristung auf max. 3 1/2 Jahre rechtfertigt den erforderlichen Umstellungsaufwand nicht. Dem Vernehmen wird die Regelung in Deutschland nicht umgesetzt.

 

Wir beraten Sie gern zu diesen und weiteren umsatzsteuerlichen Themen und freuen uns über eine Kontaktaufnahme bzw. Rückmeldung.

 

Ihr Team der

umsatz | steuer | beratung

 

Norderstedt, Oktober 2018

Dieser Beitrag ersetzt keine steuerliche Beratung und soll nur allgemein über steuerliche Themen informieren. Wir übernehmen daher keine Gewähr und somit keine Haftung für die Vollständigkeit und Aktualität sowie Richtigkeit der Inhalte.

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